Die digitale RestaurIERUNG von historischen Filmen
Begründung der Notwendigkeit der Restaurierungs- und Sicherungsmaßnahmen
Es ist ein weltweit bekanntes und oft beschriebenes Problem, dass Filmmaterialien nur begrenzt lagerfähig sind. Insbesondere sind Farbfilme, die bis in die 80er Jahre hergestellt wurden, von chemischen Veränderungsprozessen bedroht. Dabei findet nach ca. 20–25 Jahren eine Zersetzung von Farbpigmenten statt, die in den photographischen Schichten des Materials übereinandergelagert vorliegen und Bestandteile der Farbmischung sind.
Der Zersetzungsprozess betrifft die Farbpigmente in unregelmäßiger Weise und findet schrittweise (bei Negativen) zuerst in der Cyan-Schicht statt, ehe er auch die Gelb- und dann die Magenta-Schicht erreicht. Der Effekt ist zunächst (im Positiv) eine extreme Verfärbung in Rottöne, ein Verlust an Schärfe, Auflösung und Zunahme der Körnigkeit. Später verblassen alle Farben, sodass nur noch ein blasses, monochromes Bild übrig bleibt, das keine Kontraste und Plastizität mehr darstellt. Hinzu kommen mechanische und bakterielle Schäden, die zu Flecken, Schichtablösungen und Bildflimmern führen. Besondere Sorge machen auch die Klebestellen in den Negativ-Rollen, die sich lösen, bzw. durch austretende Klebstoffe Schäden in den benachbarten Bildern erzeugen. Weitere Langzeit-Schäden bestehen in Schrumpfungen der Trägermaterialien, was zu Mängeln an Perforation und Bildstand führt und häufig die Verarbeitung des Materials in normalen Kopiermaschinen unmöglich macht.
Die beschriebenen Probleme wurden in den 70er Jahren bereits von den amerikanischen Regisseuren öffentlich beklagt und durch einen Boykott bestimmter Rohfilm-Hersteller zum Politikum gemacht. Das Ergebnis ist immerhin, dass seit Mitte der 80er Jahre neue Verfahren der Farbkopplung und haltbarere Pigmente verwendet werden sodass Filme, die auf den neueren Filmmaterialien produziert wurden, deutlich länger archivierbar sein sollen.
Tatsache ist, dass nahezu die gesamte Filmkultur der Welt vor einem ungelösten Problem steht: Viele wertvolle Filmmaterialien sind bereits verloren, auch wenn sie fachgerecht und sorgfältig in klimatisierten Archiven aufbewahrt wurden.
Bei Schwarzweißmaterialien sieht das Problem nicht ganz so dramatisch aus, da es hier nur geringe Verluste in der Information tragenden Silberschicht gibt. Das Problem besteht hier vielmehr in mechanischen Schäden, durch Bakterien- oder Pilzbefall, durch Veränderungen der Trägerschichten, durch Schrumpfungen und Austrocknungen.
Oft zeigen diese bereits nach 30 Jahren deutliche Schäden, die die Herstellung von Theaterkopien erschweren. Vor der Erfindung der digitalen Techniken konnte das original Schwarzweiß-Material nur mit Hilfe von Duplikat-Negativen, auf dem Umweg über sogenannte „Lavendel- Zwischenpositive“, gesichert werden. Bei diesen Kopierverfahren treten jedoch dramatische Informationsverluste auf. Deswegen wurden Theaterkopien gern vom Originalnegativ gezogen, was schwere, bis zur technischen Unbrauchbarkeit führende, mechanische Schäden verursacht hat. Diese Probleme lassen sich heute, mit den unten beschriebenen digital/analogen Bearbeitung- und Sicherungsverfahren vermeiden.
Technisches Konzept der Sicherungsarbeiten/Restaurierung
Wir verfügen heute über Techniken, Filmmaterialen digital zu restaurieren, die zu erstaunlichen Ergebnissen führen. Dabei wird das Original-Filmnegativ mit Hilfe eines 4K Scanners (4096x2160 Pixel 10bit Log RGB) farbschichtweise digitalisiert. Alle im Filmnegativ noch enthaltenen Informationen, Farbinformationen, Helligkeitswerte und auch die filmtypische Auflösung werden dabei in Einzelbildern erfasst und stehen der digitalen Bearbeitung zur Verfügung. Die Datenmenge von ca. 160 Gigabyte pro Filmminute, die bei jedem Bearbeitungsschritt aufs neue anfällt, erfordert speziell entwickelte Speichermedien und schnelle Rechner. Mit Hilfe von Bearbeitungs-Software ist es dann möglich, in alle Parameter des Materials einzugreifen, Farben zu rekonstruieren, Schäden zu entfernen und schließlich, in durchgängig unkomprimierter Bearbeitung, einen Datensatz zu erstellen, der es erlaubt, sogar ein neues 35mm-Filmnegativ anzufertigen, das alle diese Korrekturen enthält. Die finale Speicherung frei von Klebestellen auf Film erfolgt mit Hilfe des mit mehreren Oscars ausgezeichneten ARRI Laser-Printers. Es gibt heute keinen Weg der Filmrestaurierung, der diesem Verfahren (2K bzw. 4K- Scanning vom Negativ, digitale Restaurierung, digitales Grading, Ausbelichtung mit Laserprinter auf 35-mm Negativ) gleich käme.
Zu erwähnen ist noch, dass dieses Verfahren zunächst nicht den original-gewollten Bildinhalt wiedergeben kann. Die zum Teil verblichenen Filmsequenzen entsprechen ja nicht dem ursprünglich gewollten Eindruck, auch kann man beim Negativscan nicht auf die analoge Filmlichtbestimmung/Farbkorrektur zurückgreifen, die bei der Kopienherstellung über Beeinflussung der Kopierlichter erreicht wurde. Das macht eine Neugestaltung erforderlich. Die digitale Lichtbestimmung das „Grading“ ist dabei ein wesentlicher Gestaltungsvorgang, der die gesamte Restaurierungsarbeit begleitet. Die Wiederherstellung von Farben und Bildinhalten erfordert die Mitwirkung und tägliche Mitentscheidung der Bearbeiter, die somit eine hohe Verantwortung tragen. Anders ist es nicht möglich, zu verbindlichen Ergebnissen zu kommen. Die Beseitigung von Schmutz, Flecken und Schrammen sind andauernde Arbeiten. Die Wiederherstellung von Farben, Kontrasten, Lichtstimmungen und deren Rekonstruktion ist nicht in beliebiger Weise frei, sondern muss der gewollten Absicht der ursprünglichen Schöpfer des Werkes entsprechen. Zu diesem Zweck muss sich das jeweilige Bearbeitungsteam tief in die Materie einarbeiten.
Warum Langzeit-Archivierung auf Film?
Es stellt sich die Frage, warum am Ende des Restaurierungsprozesses wieder ein analoges Filmnegativ hergestellt werden soll. Im Grunde läge ja die Überlegung nahe, die digitalen Daten aufzubewahren, zumal in absehbarer Zeit die Kinos vollständig digital umgerüstet wurden. Das Problem liegt in den sich rasant erneuernden Speichermedien: Die restaurierte 4K-Fassung eines Filmes wird ein Datenvolumen von ca. 40 Terrabyte haben. Entsprechende Festplatten-Raids verfügen heute über diese Speicher-Kapazität aber das, mit einer Lebensdauer von nur einigen Jahren. Wir können zudem sicher sein, dass niemand in 50 Jahren diese Festplatten-Systeme noch zum Laufen bringen bzw. „lesen“ kann. Heute werden solche Datenvolumen auf magnetischen LTO Bandmedien gespeichert, welche auch ein ständiges umkopieren und Backup erfordern.
Es gibt leider momentan keine sicheren Speichermedien mit einer langfristig zugesicherten Haltbarkeit.
Da die neueren Archiv-Negativ-Materialien (bzw. „Separation-Negative“) im Gegensatz dazu wesentlich länger lagerfähig sind, können wir hoffen, dass dieses Material die Jahrzehnte überleben wird. Es entstehen darüber hinaus neue (digitale oder analoge) Theaterkopien für die Wiederaufführung und Repräsentation der aufwändigen Arbeiten.
Digitale Präsentationsmaterialien
Bei den beschriebenen Bearbeitungsprozessen entsteht parallel ein digitales Produkt, das unmittelbar nützlich ist: Mit Hilfe von Farbraum- und Formatwandlung können die 4K-Einzelbilder in ein HD-Video umgerechnet werden. Dieses wird sodann mit den Tonspuren ergänzt und kann als neues Mastertape für die TV- bzw. Blue-Ray-DVD- und zukünftige Auswertungen dienen. Überspielungen der Datensätze ins aktuelle digitale DCP-Kinoformat machen alle Präsentationsformen, auch auf größten Leinwänden möglich. Die restaurierten Filme stehen dann dem Publikum und zukünftigen Generationen wieder zur Verfügung.