Reitz Medien

Christian Reitz Kinematographie

Digitale Filmrestaurierung

Die digitale RestaurIERUNG von historischen Filmen

Begrün­dung der Not­wen­dig­keit der Restau­rie­rungs- und Sicherungsmaßnahmen

Ori­gi­nal-Nega­tiv

Es ist ein welt­weit bekann­tes und oft beschrie­be­nes Pro­blem, dass Film­ma­te­ria­li­en nur begrenzt lager­fä­hig sind. Ins­be­son­de­re sind Farb­fil­me, die bis in die 80er Jah­re her­ge­stellt wur­den, von che­mi­schen Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen bedroht. Dabei fin­det nach ca. 20–25 Jah­ren eine Zer­set­zung von Farb­pig­men­ten statt, die in den pho­to­gra­phi­schen Schich­ten des Mate­ri­als über­ein­an­der­ge­la­gert vor­lie­gen und Bestand­tei­le der Farb­mi­schung sind.
Der Zer­set­zungs­pro­zess betrifft die Farb­pig­men­te in unre­gel­mä­ßi­ger Wei­se und fin­det schritt­wei­se (bei Nega­ti­ven) zuerst in der Cyan-Schicht statt, ehe er auch die Gelb- und dann die Magen­ta-Schicht erreicht. Der Effekt ist zunächst (im Posi­tiv) eine extre­me Ver­fär­bung in Rot­tö­ne, ein Ver­lust an Schär­fe, Auf­lö­sung und Zunah­me der Kör­nig­keit. Spä­ter ver­blas­sen alle Far­ben, sodass nur noch ein blas­ses, mono­chro­mes Bild übrig bleibt, das kei­ne Kon­tras­te und Plas­ti­zi­tät mehr dar­stellt. Hin­zu kom­men mecha­ni­sche und bak­te­ri­el­le Schä­den, die zu Fle­cken, Schicht­ab­lö­sun­gen und Bild­flim­mern füh­ren. Beson­de­re Sor­ge machen auch die Kle­be­stel­len in den Nega­tiv-Rol­len, die sich lösen, bzw. durch aus­tre­ten­de Kleb­stof­fe Schä­den in den benach­bar­ten Bil­dern erzeu­gen. Wei­te­re Lang­zeit-Schä­den bestehen in Schrump­fun­gen der Trä­ger­ma­te­ria­li­en, was zu Män­geln an Per­fo­ra­ti­on und Bild­stand führt und häu­fig die Ver­ar­bei­tung des Mate­ri­als in nor­ma­len Kopier­ma­schi­nen unmög­lich macht.

Scan des Rot-ver­färb­ten Negativmaterials

Die beschrie­be­nen Pro­ble­me wur­den in den 70er Jah­ren bereits von den ame­ri­ka­ni­schen Regis­seu­ren öffent­lich beklagt und durch einen Boy­kott bestimm­ter Roh­film-Her­stel­ler zum Poli­ti­kum gemacht. Das Ergeb­nis ist immer­hin, dass seit Mit­te der 80er Jah­re neue Ver­fah­ren der Farb­kopp­lung und halt­ba­re­re Pig­men­te ver­wen­det wer­den sodass Fil­me, die auf den neue­ren Film­ma­te­ria­li­en pro­du­ziert wur­den, deut­lich län­ger archi­vier­bar sein sollen.

Tat­sa­che ist, dass nahe­zu die gesam­te Film­kul­tur der Welt vor einem unge­lös­ten Pro­blem steht: Vie­le wert­vol­le Film­ma­te­ria­li­en sind bereits ver­lo­ren, auch wenn sie fach­ge­recht und sorg­fäl­tig in kli­ma­ti­sier­ten Archi­ven auf­be­wahrt wurden.

Deut­lich erkenn­ba­rer Pilzbefall

Bei Schwarz­weiß­ma­te­ria­li­en sieht das Pro­blem nicht ganz so dra­ma­tisch aus, da es hier nur gerin­ge Ver­lus­te in der Infor­ma­ti­on tra­gen­den Sil­ber­schicht gibt. Das Pro­blem besteht hier viel­mehr in mecha­ni­schen Schä­den, durch Bak­te­ri­en- oder Pilz­be­fall, durch Ver­än­de­run­gen der Trä­ger­schich­ten, durch Schrump­fun­gen und Austrocknungen.
Oft zei­gen die­se bereits nach 30 Jah­ren deut­li­che Schä­den, die die Her­stel­lung von Thea­ter­ko­pien erschwe­ren. Vor der Erfin­dung der digi­ta­len Tech­ni­ken konn­te das ori­gi­nal Schwarz­weiß-Mate­ri­al nur mit Hil­fe von Dupli­kat-Nega­ti­ven, auf dem Umweg über soge­nann­te „Laven­del- Zwi­schen­po­si­ti­ve“, gesi­chert wer­den. Bei die­sen Kopier­ver­fah­ren tre­ten jedoch dra­ma­ti­sche Infor­ma­ti­ons­ver­lus­te auf. Des­we­gen wur­den Thea­ter­ko­pien gern vom Ori­gi­nal­ne­ga­tiv gezo­gen, was schwe­re, bis zur tech­ni­schen Unbrauch­bar­keit füh­ren­de, mecha­ni­sche Schä­den ver­ur­sacht hat. Die­se Pro­ble­me las­sen sich heu­te, mit den unten beschrie­be­nen digital/analogen Bear­bei­tung- und Siche­rungs­ver­fah­ren vermeiden.

Tech­ni­sches Kon­zept der Sicherungsarbeiten/Restaurierung

Wir ver­fü­gen heu­te über Tech­ni­ken, Film­ma­te­ria­len digi­tal zu restau­rie­ren, die zu erstaun­li­chen Ergeb­nis­sen füh­ren. Dabei wird das Ori­gi­nal-Film­ne­ga­tiv mit Hil­fe eines 4K Scan­ners (4096x2160 Pixel 10bit Log RGB) farb­schicht­wei­se digi­ta­li­siert. Alle im Film­ne­ga­tiv noch ent­hal­te­nen Infor­ma­tio­nen, Farb­infor­ma­tio­nen, Hel­lig­keits­wer­te und auch die film­ty­pi­sche Auf­lö­sung wer­den dabei in Ein­zel­bil­dern erfasst und ste­hen der digi­ta­len Bear­bei­tung zur Ver­fü­gung. Die Daten­men­ge von ca. 160 Giga­byte pro Film­mi­nu­te, die bei jedem Bear­bei­tungs­schritt aufs neue anfällt, erfor­dert spe­zi­ell ent­wi­ckel­te Spei­cher­me­di­en und schnel­le Rech­ner. Mit Hil­fe von Bear­bei­tungs-Soft­ware ist es dann mög­lich, in alle Para­me­ter des Mate­ri­als ein­zu­grei­fen, Far­ben zu rekon­stru­ie­ren, Schä­den zu ent­fer­nen und schließ­lich, in durch­gän­gig unkom­pri­mier­ter Bear­bei­tung, einen Daten­satz zu erstel­len, der es erlaubt, sogar ein neu­es 35mm-Film­ne­ga­tiv anzu­fer­ti­gen, das alle die­se Kor­rek­tu­ren ent­hält. Die fina­le Spei­che­rung frei von Kle­be­stel­len auf Film erfolgt mit Hil­fe des mit meh­re­ren Oscars aus­ge­zeich­ne­ten ARRI Laser-Prin­ters. Es gibt heu­te kei­nen Weg der Film­re­stau­rie­rung, der die­sem Ver­fah­ren (2K bzw. 4K- Scan­ning vom Nega­tiv, digi­ta­le Restau­rie­rung, digi­ta­les Gra­ding, Aus­be­lich­tung mit Laser­prin­ter auf 35-mm Nega­tiv) gleich käme.

Farb­re­stau­ra­ti­on

Zu erwäh­nen ist noch, dass die­ses Ver­fah­ren zunächst nicht den ori­gi­nal-gewoll­ten Bild­in­halt wie­der­ge­ben kann. Die zum Teil ver­bli­che­nen Film­se­quen­zen ent­spre­chen ja nicht dem ursprüng­lich gewoll­ten Ein­druck, auch kann man beim Nega­tiv­scan nicht auf die ana­lo­ge Filmlichtbestimmung/Farbkorrektur zurück­grei­fen, die bei der Kopien­her­stel­lung über Beein­flus­sung der Kopier­lich­ter erreicht wur­de. Das macht eine Neu­ge­stal­tung erfor­der­lich. Die digi­ta­le Licht­be­stim­mung das „Gra­ding“ ist dabei ein wesent­li­cher Gestal­tungs­vor­gang, der die gesam­te Restau­rie­rungs­ar­beit beglei­tet. Die Wie­der­her­stel­lung von Far­ben und Bild­in­hal­ten erfor­dert die Mit­wir­kung und täg­li­che Mit­ent­schei­dung der Bear­bei­ter, die somit eine hohe Ver­ant­wor­tung tra­gen. Anders ist es nicht mög­lich, zu ver­bind­li­chen Ergeb­nis­sen zu kom­men. Die Besei­ti­gung von Schmutz, Fle­cken und Schram­men sind andau­ern­de Arbei­ten. Die Wie­der­her­stel­lung von Far­ben, Kon­tras­ten, Licht­stim­mun­gen und deren Rekon­struk­ti­on ist nicht in belie­bi­ger Wei­se frei, son­dern muss der gewoll­ten Absicht der ursprüng­li­chen Schöp­fer des Wer­kes ent­spre­chen. Zu die­sem Zweck muss sich das jewei­li­ge Bear­bei­tungs­team tief in die Mate­rie einarbeiten.

Warum Langzeit-Archivierung auf Film?

Es stellt sich die Fra­ge, war­um am Ende des Restau­rie­rungs­pro­zes­ses wie­der ein ana­lo­ges Film­ne­ga­tiv her­ge­stellt wer­den soll. Im Grun­de läge ja die Über­le­gung nahe, die digi­ta­len Daten auf­zu­be­wah­ren, zumal in abseh­ba­rer Zeit die Kinos voll­stän­dig digi­tal umge­rüs­tet wur­den. Das Pro­blem liegt in den sich rasant erneu­ern­den Spei­cher­me­di­en: Die restau­rier­te 4K-Fas­sung eines Fil­mes wird ein Daten­vo­lu­men von ca. 40 Ter­ra­byte haben. Ent­spre­chen­de Fest­plat­ten-Raids ver­fü­gen heu­te über die­se Spei­cher-Kapa­zi­tät aber das, mit einer Lebens­dau­er von nur eini­gen Jah­ren. Wir kön­nen zudem sicher sein, dass nie­mand in 50 Jah­ren die­se Fest­plat­ten-Sys­te­me noch zum Lau­fen brin­gen bzw. „lesen“ kann. Heu­te wer­den sol­che Daten­vo­lu­men auf magne­ti­schen LTO Band­me­di­en gespei­chert, wel­che auch ein stän­di­ges umko­pie­ren und Back­up erfordern.

Es gibt lei­der momen­tan kei­ne siche­ren Spei­cher­me­di­en mit einer lang­fris­tig zuge­si­cher­ten Haltbarkeit.

Da die neue­ren Archiv-Nega­tiv-Mate­ria­li­en (bzw. „Sepa­ra­ti­on-Nega­ti­ve“) im Gegen­satz dazu wesent­lich län­ger lager­fä­hig sind, kön­nen wir hof­fen, dass die­ses Mate­ri­al die Jahr­zehn­te über­le­ben wird. Es ent­ste­hen dar­über hin­aus neue (digi­ta­le oder ana­lo­ge) Thea­ter­ko­pien für die Wie­der­auf­füh­rung und Reprä­sen­ta­ti­on der auf­wän­di­gen Arbeiten.

Digitale Präsentationsmaterialien

End­ergeb­nis der Restaurationsarbeit

Bei den beschrie­be­nen Bear­bei­tungs­pro­zes­sen ent­steht par­al­lel ein digi­ta­les Pro­dukt, das unmit­tel­bar nütz­lich ist: Mit Hil­fe von Farb­raum- und For­mat­wand­lung kön­nen die 4K-Ein­zel­bil­der in ein HD-Video umge­rech­net wer­den. Die­ses wird sodann mit den Ton­spu­ren ergänzt und kann als neu­es Mas­ter­tape für die TV- bzw. Blue-Ray-DVD- und zukünf­ti­ge Aus­wer­tun­gen die­nen. Über­spie­lun­gen der Daten­sät­ze ins aktu­el­le digi­ta­le DCP-Kino­for­mat machen alle Prä­sen­ta­ti­ons­for­men, auch auf größ­ten Lein­wän­den mög­lich. Die restau­rier­ten Fil­me ste­hen dann dem Publi­kum und zukünf­ti­gen Gene­ra­tio­nen wie­der zur Verfügung.

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